Unternehmen geben jährlich Milliarden für die Steigerung von Bekanntheit und Identität Ihrer Marken aus. In der Immobilienbranche ist die Situation etwas anders. Dabei kann die Entwicklung von Kunst mit Gebäuden auch für Investoren und Eigentümer interessant sein um Marken und Werte zu schaffen. Weshalb es dafür jedoch Mut benötigt und warum Pop-Art dafür eine besonders geeignete Stilrichtung ist - von Christian Kunzendorf, spark::ling AG
„Kunst am Bau“, ein Begriff der vor allem im Rahmen von öffentlichen Bauprojekten häufig verwendet wird, verleitet per Definition bereits dazu, die Kunst und den Bau als separate Bereiche zu betrachten, statt sie als ein gemeinsames Ganzes zu verstehen. Dabei sollte der Anspruch gerade in einem Miteinander, statt in einem Nebeneinander, liegen. Denn „die Kunst“ besteht doch genau darin, dass Kunst und Gebäude eine thematische Verbindung aufnehmen und – im Idealfall - zu einem Gesamtkunstwerk werden, welches das kulturelle Selbstverständnis des Gebäudes und des Standortes quasi als Visitenkarte nach außen präsentiert.
Kunst am Bau ist immer auch Kunst im öffentlichen Raum. Sie wirkt identitätsstiftend und kann einem Standort zu überregionaler Bekanntheit verhelfen. Dabei lässt sich eine Stilrichtung besonders hervorheben: Pop-Art. Die Grande Dame der zeitgenössischen Kunst spielt mit Alltagsgegenständen, denen wir oft keine Beachtung schenken. Sie verändert Form, Farbe und vor allem Dimensionen und setzt die Objekte in einen neuen Kontext. Pop-Art kann hier einen Trumpf ausspielen: Sie ist nicht zurückhaltend subtil, sondern farbenfroh, frisch und provozierend und vor allem klar und explizit in ihrer Darstellung. Die Kunstobjekte bleiben durch ihren Bezug zu Alltagsgegenständen erkennbar und verständlich. Ob für den erwachsenen Akademiker oder das Kindergartenkind: Eine Blume ist sofort als Blume für den Betrachter erkennbar. Dieser hohe Wiedererkennungswert schafft Bekanntheit und Identität. Identität für das Gebäude, den Standort, seine Anwohner und Nutzer. Aus dem Gebäude mit der Adresse XY, wird nun das „Blumenhaus“. Es entstehen neue Bezugssysteme. Was vorher an der Kreuzung Elsenstraße lag, liegt nun direkt gegenüber dem „Blumenhaus“.
Bekanntheit, Wiedererkennung und Identität sind in der heutigen Zeit wertvolle Güter. Sie sind die Kernelemente einer Marke. Unternehmen investieren täglich hohe Summen in Ihre Markenpflege. In der Immobilienbranche hingegen steht dieser Aspekt immer noch im Hintergrund. Die Schaffung von Marken wird, wenn überhaupt, bei Luxuswohnprojekten vorangetrieben, bei denen sich identitätsstiftende Maßnahmen jedoch meist auf die Exklusivität für wenige Nutzer mit entsprechender Brieftasche beschränken. Unabhängig davon gibt es natürlich – zu Recht – technische und gestalterische Rahmenbedingungen durch Gesetzte und Verordnungen, die dem Entwickler enge Grenzen setzen, um einen Wildwuchs zu vermeiden.
Unsere Erfahrung zeigt aber, dass der künstlerischen Freiheit kaum Grenzen gesetzt sind, wenn Planungshoheit und die Politik im Vorfeld mit eingebunden werden und eine überzeugende Konzeption vorgetragen wird, von der eben nicht nur die Nutzer profitieren, sondern auch der Standort und die Anwohner. Wenn die Kunst sich nicht nur auf das Dekorierende beschränkt, sondern auch eine thematische Verknüpfung in Form einer Symbiose oder eines Gegensatzes zum Gebäudecharakter schafft, dann entsteht ein Gesamtkunstwerk.
Der Grad der späteren Bekanntheit und des Wiedererkennungswertes hängen dann „nur“ noch vom Mut des Künstlers und des Entwicklers ab. Und gerade hier fehlt es vielen Entwicklern an Mut mit Kunst zu arbeiten, sie nicht als bloßes Accessoire und zusätzliche Kostenposition in der Gesamtkalkulation zu verstehen, sondern sie gezielt einzusetzen. Nicht weil Sie es nicht wollen, im Gegenteil. Oft ist davon die Rede gerne „mal etwas mit Kunst zu machen“. Doch bei der Umsetzung tun sich Hürden auf. Kunst ist keine Bauleistung, die man ausschreiben lassen kann und wo man am Ende zwischen drei Vergleichsangeboten das Günstigste wählt. Es muss Klarheit über drei Dinge bestehen: Erstens: Kunst kostet Geld. Zweitens: Die meisten Künstler verstehen sich nicht als klassische Dienstleister und Drittens: Diese Aspekte steigen proportional zum Bekanntheitsgrad des Künstlers. Wie viele andere Menschen auch, die Ihrer Berufung nachgehen, haben sich Künstler nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen, sondern aus Überzeugung für ihren Beruf entschieden. Kunst am Bau erfordert deshalb ein Projektmanagement, was sich nicht nur nach Terminen, Kosten und Vertragsparagrafen richtet, sondern noch stärker als sonst die emotionale Komponente während der gesamten Zusammenarbeit berücksichtigt. Am Ende, wenn das Werk fertiggestellt ist, wird man dafür belohnt mit dem Ergebnis, etwas Besonderes, etwas Einzigartiges geschaffen zu haben.
Wenngleich es sich objektiv kaum messen lässt, so lohnt sich ein Investment in Kunst auch finanziell. Bekanntheit und Wiedererkennungswert eines Kunstprojektes sind in der Regel um ein vielfaches höher, als sie durch übliche Werbeformen zu erzielen wären. Der emotionale Bezug zur Immobilie wird durch die Einzigartigkeit und die identitätsstiftende Wirkung der Kunst, für Bewohner, Anwohner und Eigentümer verstärkt. Und gerade diese positiven Aspekte sind bei einem möglichen Verkauf für die Kaufpreisfindung nicht zu unterschätzen. Im Prinzip ist auch ein gut erhaltender Stuckaltbau nichts anderes als ein Gebäude, welches mit den Kunstmitteln der letzten Jahrhunderte zu einem Gesamtkunstwert verbunden wurde. Der einzige Unterscheid besteht in der Stilrichtung der Kunst und der Häufigkeit vergleichbarer Objekte. In diesem Sinne hat die zeitgenössische „Kunst mit dem Bau“ also noch sehr viel Aufholpotential.